Ehepartner von Esther K.
Wann erwähnt: 1925
Namen(n): M: Herr K. / W:
Lebensdaten:
Beruf:
Ort(e): Budapest
Fallbeschreibung
Originaltext Die Stunde, 1925
Umwandlung eines Mannes in eine Frau
Budapester Blätter berichten über die in der Wissenschaft bisher vereinzelt da stehende Umwandlung eines Mannes in eine Frau. Das Hausmädchen Esther K., das mit diesem Mann seit drei Jahren verheiratet ist und von ihm ein Kind gebar, klagt nun auf Ungültigkeit der Ehe, da der Gatte im Laufe der Ehe allmählich weibliche Formen angenommen hat und heute in anatomischer Hinsicht vollständig zu einem Weib geworden ist. Der Fall stellt die medizinische Wissenschaft vor noch größere Schwierigkeiten als die Juristen. Wenn auch beim Menschen Fälle einer völligen Geschlechtswandlung bisher unbekannt waren, so sind sie es bei Tieren, zumal bei niederorganisierten, durchaus nicht. Gerade der Wiener Biologenschule ist sogar die künstliche Umwandlung von Männchen in Weibchen bei Insekten und sogar bei Ratten durch Entfernung der männlichen Keimdrüse und Transplantation einer weiblichen so weit gelungen, daß die ursprünglichen Männchen wenige Monate nach der Operation von anderen Männchen begattet werden konn ten und später gesunde Junge zur Welt brachten.
In der Natur spielt sich der Vorgang der Sexualumwandlung häufig ab. Ein bekanntes und oft zitiertes Beispiel ist der Fall des Einsiedlerkrebses, der unter der Einwirkung der Geschlechtssekrete (Hormone) weiblicher Parasiten aus einem Männchen allmählich zu einem Weibchen um gewandelt wird.
Die theoretische Erklärung zu diesen un glaubhaften Vorgängen liefert die Lehre von der „inneren Sekretion"; sie besagt unter anderem, daß beim ursprünglich bisexuell veranlagten Lebewesen die Entscheidung nach der einen oder anderen Seite unter der Einwirkung gewisser Drüsensekrete fällt und daß neben der herrschenden Geschlechtsanlage die unterdrückte das ganze Leben über verkümmert. weiterbesteht. Unter bestimmten Umständen kann diese unterdrückte zweite Geschlechtsanlage plötzlich wieder Oberhand bekommen, Geschlechtsmerkmale entwickeln, also das Geschlecht umwandeln. Auch die psychosexueile Wandlung, die Inversion (Homosexualität) findet hierin ihre Erklärung. Der von andersgeschlechtlichen Hormonen überschwemmte Organismus fühlt eben wie dieses andere Geschlecht. Dennoch ist, trotz ausreichender theoretischen Fundierung, ein Fall echter und restloser Geschlechtsumwandlung beim Menschen noch nicht bekannt geworden, der Budapester Fall also ein Unikum.
Quellen
18.07.1925, Die Stunde, S. 5