Judith Hodosi: Grenzgänge, 1995.

Ein autobiographisch geprägter Roman einer Transfrau mit DDR-Geschichte.

Judith Hodosi: Grenzgänge, 1995.

Daten zum Buch

Autorin: Judith Hodosi. Titel: Grenzgänge. Untertitel: Sozialismus, aus der Froschperspektive betrachtet auch: Aus dem Leben eines real existierenden Taugenichts. Verlag: Judedition, Hamburg. Erscheinungsjahr: 1995. ISBN: 3000000453. Bindung: Taschenbuch, 319 Seiten. Ehemaliger Preis: 24,80 DM.

Beschreibung

Inhalt

Titel und Untertitel beschreiben den Inhalt des Buches recht zutreffend. Eingebettet in einen grotesk-bestürzenden Nach-Wende-Rahmen, berichtet der Ich-Erzähler sein Leben in der DDR, von ganz unten gesehen. Er reibt sich am Vater, am eigenen Geschlecht, aber am stärksten an den engen ideologischen Grenzen der DDR-Realität. Und so macht er früh Bekanntschaft mit der allgegenwärtigen Stasi und lernt Jugendarrest und dessen Steigerungsformen kennen. Ihm/ihr gelingt der Aufstieg als Rockmusiker und der Geschlechtswechsel, bleibt aber immer am gesellschaftlichen Rand, nah am Absturz. Auch nach der Flucht in den Westen und nach der Wende bleibt das Leben turbulent.

Über die Autorin

Judith Hodosi wurde 1939 in Berlin geboren und lebte in Ostberlin bis 1972, war im Gefängnis, arbeitete als Rockmusiker, bis die Flucht aus der DDR gelang. Sie lebt danach in Westberlin und in Hamburg. In Hamburg Studium der Wirtschaftswissenschaften und Slawistik.

Kommentar

Dieses eigenartige kleine Buch hat mich sehr berührt und beeindruckt. Ganz offensichtlich stammt es aus einem Eigenverlag und ist eine autobiographische Rückschau – auch wenn die Notiz unter den bibliographischen Angaben geradezu zynisch das Gegenteil behauptet – und hat etwas Subversives. Spürbar ist dies auch im (unangenehm) engen Seitenlayout, der (unangenehm) ungeschliffenen Rechtschreibung und der (dafür sehr angenehmen) ungeschliffenen Sprache. Es wirkt auf mich wie eine Rohfassung, in die nicht aus Angst vor Konsequenzen mildernd eingegriffen wurde, und damit um so authentischer. Mich würde übrigens sehr interessieren, was damals und nach Abschluss des Buches tatsächlich passiert ist, so absurd und unwirklich scheinen manche Szenen (obwohl sie sich höchstwahrscheinlich genau so zugetragen haben).

Sehr angenehm für ein autobiographisches Buch mit transsexuellem Aspekt ist, dass dieses Thema nicht alles andere überwiegt. Viel mehr als über die transsexuelle Entwicklung (die nicht zu kurz kommt) lernt man über die Verhältnisse der DDR jenseits der bekannten Klischees und Vereinfachungen.

Leider ist dieses Buch kaum zu beschaffen. Es verdient mehr Beachtung, und ganz ein wenig wünsche ich ihm eine Neuauflage.

Weitere Informationen

Themen: Transfrauen und Transsexualität

Genre: (Auto-)Biographie, DDR, und Roman

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